Frauke und Holger Sonnabend
Frauke und Holger Sonnabend

Geschichte aktuell

Die Sieben Weisen

 

Die Zahl Sieben spielte in der Antike eine wichtige, geradezu mystische Rolle. Zahlen, so war man seit den Lehren des Philosophen Pythagoras überzeugt, bestimmen das Leben. Und die Sieben war besonders wichtig, wobei astronomische und religiöse Phänomene Pate standen. Der Siebenarmige Leuchter der Juden, die Sieben Hügel Roms, Sieben gegen Theben, die Sieben Weltwunder – die Beispiele aus der Antike lassen sich beliebig fortsetzen, auch bis in die Gegenwart mit 007 und CR7.

Cheops-Pyramide

Als man sich in der Antike auf die Suche nach den klügsten Persönlichkeiten aller Zeiten machte, wählte man natürlich ebenfalls einen Kreis von Sieben. Was aber musste man tun, um in die illustre Liste der „Sieben Weisen“ Aufnahme zu finden? Und wie kam die Liste überhaupt zustande? Eine zeitübergreifend aktuelle Frage, denn Bedarf an Menschen, die über die Gabe der Weisheit und der Vernunft verfügen, besteht eigentlich immer.

Macht man sich auf die Spurensuche, stellte man fest: Es gab unterschiedliche Sieben Weise. Am Ende der archaischen und zu Beginn der klassischen Zeit, also um 500 v. Chr., wurden in Griechenland verschiedene Listen mit bekannten Persönlichkeiten des politischen, kulturellen und geistigen Lebens publiziert, denen man eine besondere Klugheit zuschrieb. Aufgrund der Symbolkraft der Zahl Sieben war man bestrebt, den Kreis dieser illustren Kapazitäten auf sieben Personen zu beschränken. Weil es aber bis zum 4. Jahrhundert v, Chr. an einer die Einträge koordinierenden zentralen Instanz fehlte, kursierten so viele auch miteinander konkurrierende Listen, dass in der Summe weitaus mehr Personen Eingang in diesen elitären Zirkel fanden. Es gab nicht nur „die“ 7 Weisen, sondern viele 7 Weise.

Pythagoras

Jedoch tauchen in allen Listen vier Namen immer wieder auf, so dass man davon ausgehen kann, dass die antike Wertschätzung ihrer Leistungen einhellig gewesen ist. Unumstritten war demnach Thales von Milet, in der ersten Hälfte des 6. Jahrhundert v. Chr. der Begründer der ionischen Naturphilosophie, dazu ein begnadeter Mathematiker, Geograph und Astronom. Einen festen Platz unter den Sieben Weisen hatte auch Bias, der im frühen 6. Jahrhundert v. Chr. in Priene durch besonders kluge politische Entscheidungen auffiel. Dritter im Bunde der großen Vier unter den Sieben Weisen war Pittakos von Mytilene, der sich etwa zur selben Zeit als politischer Krisenmanager auf seiner Heimatinsel Lesbos bewährte, indem er die gespaltene Gesellschaft einte. Schließlich war auch der Athener Solon (ca. 640-560 v. Chr.) auf jeder Liste zu finden, der seiner Heimatstadt eine politische Verfassung gab und darüber hinaus auch als politischer Lyriker für Furore sorgte. Das Beispiel Solon zeigt: Manchmal hilft es auch, als wiese zu gelten, wenn keiner weiß, was mit einem Spruch eigentlich gemeint ist. Was wollte Solon sagen, als er sagte: „Niemand ist vor seinem Tod glücklich zu preisen“?

Ephesos

Neben den vier kanonischen Weisen tauchen in den Verzeichnissen einige Namen zwar nicht regelmäßig, aber doch häufig auf. Dazu gehören insbesondere Kleobulos von Lindos auf Rhodos, Chilon von Sparta und der wohl nicht historische Bauer Myson. Dass er in den Listen erscheint, sollte wohl den möglichen Vorwurf entkräften, nur reiche und gebildete Menschen hätten das Zeug zum Weisen. Eine Anekdote illustriert die Weisheit des einfachen Bauern Myson. Mitten im Sommer wurde er gesehen, wie er an seinem Pflug hantierte. Wieso jetzt schon, wurde er gefragt, es sei doch noch nicht die Zeit zum Pflügen. Seine Antwort: Aber die beste Zeit zur Vorbereitung. Mit anderen Worten: Planung ist alles. Myson ist also weise, weil er praktisch dachte und nicht so vergeistigt wie viele seiner Kollegen aus dem Zirkel der Sieben Weisen.

Und noch weitere Namen tauchten regelmäßig in den Verzeichnissen auf. Kleobulos war am Ende des 7. Jahrhundert v. Chr. Tyrann sowie Verfasser von Liedern und Rätseln. Chilon spielte im 6. Jahrhundert v. Chr. eine dominierende Rolle in der spartanischen Politik und trat ebenfalls als Dichter hervor. In den antiken Listen waren insgesamt noch zehn weitere Persönlichkeiten, unter anderem der Philosoph und Mathematiker Pythagoras, der Pionier der Zahlenmystik, verzeichnet.

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